loading...
„Der Brexit hat viel zum Sieg von Donald Trump beigetragen“
16. Januar 2018 Trump Lesezeit 3 min
Wir haben uns mit Nigel Farage und dem Populismusforscher Jan-Werner Müller über den Brexit, Donald Trump und den Populismus unterhalten. Ihre Ansichten könnten unterschiedlicher nicht sein.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Trump und ist Teil 2 einer 12-teiligen Recherche.
Bild: Jan Thies | Addendum

Der Brexit gilt vielen als Vorbote des Wahlsiegs von Donald Trump. Wir haben uns darüber mit Nigel Farage – der wie kein anderer als Architekt des britischen EU-Austritts gilt und den viele als Archetyp eines Populisten sehen – und dem Populismus-Forscher Jan-Werner Müller unterhalten.

Nigel Farage und der Brexit

Der Brexit gilt als einer der größten Erfolge populistischer Kräfte der Gegenwart. Eine tragende Rolle spielte dabei Nigel Farage, langjähriger Vorsitzender der United Kingdom Independence Party (UKIP). Er hatte schon im Zuge der Finanzkrise, die er als Bankenrettung auf Kosten der Steuerzahler ebenso kritisierte wie die allgemeine Abgehobenheit der EU-Eliten, Berühmtheit erlangt – die Video-Ausschnitte seiner Brandreden im Europäischen Parlament wurden via Social Media weit verbreitet. Der von Russia Today ins Netz gestellte Ausschnitt, in dem Farage im Beisein von Martin Schulz, dem damaligen Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso und dem damaligen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy die Frage stellt, für wen sie sich halten, verzeichnet über 2,3 Millionen Aufrufe.

Zweites Referendum?

Im Zuge der Brexit-Kampagne wurden Farage und dem „Vote Leave“-Lager gezielte Manipulation vorgeworfen. Farage selbst hatte das Versprechen, im Falle eines britischen EU-Austritts wöchentlich 350 Millionen britische Pfund in das britische Gesundheitswesen zu investieren, später als Fehler bezeichnet. Nach dem Votum begründete er seinen Rücktritt als UKIP-Vorsitzender damit, sein politisches Ziel erreicht zu haben. Allerdings lässt ihn das schwierige Brexit-Nachbeben anscheinend nicht kalt: Erst vor kurzem sprach er davon, dass es vielleicht ein zweites Referendum geben sollte – um die Sache ein für allemal zu klären.

0
Kommentare
Kommentieren

Der Brexit hat Farages Ansicht nach auch den Wahlsieg von Donald Trump begünstigt – entscheidend sei jedoch Trump selbst gewesen, den Farage als „große Persönlichkeit“ und als „Meister sozialer Medien“ bezeichnet. Aus seiner Nahebeziehung zu Trump machte er keinen Hehl, ganz im Gegenteil: Farage war der erste britische Politiker, der Trump nach dessen Wahlsieg getroffen hat, das Foto der beiden vor den Goldtüren im Trump Tower steht sinnbildlich für ihre geistige Nahebeziehung.

0
Kommentare
Kommentieren

Populismus als Forschungsgegenstand

Aufgrund solcher Erfolge wurde der Populismus in den letzten Jahren auch zunehmend wissenschaftlich thematisiert. Schließlich hat er sich durch Social Media und den Aufstieg neuer politischer Akteure maßgeblich verändert: Die etablierten großen „Mainstream-Medien“ werden verunglimpft (Sarah Palin etwa sprach von „lamestream media“), alternative Nachrichtenportale sind entstanden, und Donald Trump kann via Twitter ungefiltert seine Botschaften anbringen.

Auch Jan-Werner Müller, Politologe an der Princeton University – er hat das wohl bekannteste Buch zum gegenwärtigen Populismus verfasst – sieht eine Nahebeziehung zwischen Farage, dem Brexit und Trump. Wie erwartet stehen seine Ansichten in starkem Kontrast zu denen des Briten. Trump sieht er als rechten Populisten, der für sich beansprucht, das „wahre amerikanische Volk“ zu repräsentieren – das Hauptmerkmal des gegenwärtigen Populismus. Wer „Wir sind das Volk!“ skandiert, begründet damit einen allgemeinen Vertretungsanspruch, der wesentliche Teile der Bevölkerung ausklammert. Und während Farage den Zorn in der Bevölkerung gegenüber den abgehobenen Eliten betont, kritisiert Müller die Rolle der etablierten Kräfte. Wobei er insbesondere mit den konservativen Großparteien hart ins Gericht geht, die er sogar als „die von Papens unserer Tage“ bezeichnet:

0
Kommentare
Kommentieren

Franz von Papen war Hitlers Amtsvorgänger als Reichskanzler und unter Hitler ein Jahr Vizekanzler. Mit seiner Ansicht, dass Hitler sich kontrollieren lasse, gilt er als entscheidender Wegbereiter des Aufstiegs der NSDAP.

loading...
Die Redaktion von Addendum hat mit 15. September 2020 ihren Betrieb eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch diese Website letztmalig aktualisiert. Hier finden Sie das vollständige Archiv unserer Rechercheprojekte.
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass manche Funktionen auf manchen Endgeräten nicht mehr verfügbar sind.

Das Addendum-Team, September 2020