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Wie geht es den Türken in Österreich?
Die Auslandstürken bringen dem zunehmend autokratisch agierenden türkischen Präsidenten nicht nur Stimmen, sie sind auch ein wesentliches Instrument seiner Politik. Über die Religionsbehörde Diyanet einerseits und über die großen türkischen Vereine - ATIB in Österreich und DITIB in Deutschland - versorgt die Türkei nicht nur ihre im Ausland lebenden Staatsangehörigen mit der gerade genehmen Form des politischen Islam türkischer Prägung, sondern auch die österreichischen und deutschen Staatsbürger mit türkischen Wurzeln.
Das Projekt Türken in Österreich ist eine 6-teilige Recherche.

Am 24. Juni finden in der Türkei Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. In der Türkei? Nicht nur. Auch in Österreich waren etwas mehr als 100.000 Türken wahlberechtigt, bis 19. Juni durften sie ihre Stimme abgeben. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 50 Prozent.

Insgesamt machen die Auslandstürken, die in insgesamt 60 Ländern ihre Stimme abgeben dürfen, knapp fünf Prozent der Wahlbeteiligten aus, bei knappen Entscheidungen können sie durchaus ausschlaggebend sein, wie das Verfassungsreferendum vor etwas mehr als einem Jahr gezeigt hat.

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Die Auslandstürken bringen dem zunehmend autokratisch agierenden türkischen Präsidenten nicht nur Stimmen, sie sind auch ein wesentliches Instrument seiner Politik. Über die Religionsbehörde Diyanet einerseits und über die großen türkischen Vereine – ATIB in Österreich und DITIB in Deutschland – versorgt die Türkei nicht nur ihre im Ausland lebenden Staatsangehörigen mit der gerade genehmen Form des politischen Islam türkischer Prägung, sondern auch die österreichischen und deutschen Staatsbürger mit türkischen Wurzeln.

Diese Vorgangsweise sorgt für anhaltende Spannungen zwischen der Türkei und jenen EU-Mitgliedsländern, in denen besonders viele Türkischstämmige leben – wiederum Deutschland und Österreich –, besonders in Wahlkampfzeiten. Über die Frage, ob Vertreter der wahlwerbenden türkischen Parteien in Österreich oder Deutschland bei Wahlkampfveranstaltungen auftreten dürfen, sorgt regelmäßig für Zerwürfnisse.

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Im Wahlkampf für den bevorstehenden Urnengang kam Recep Tayyip Erdoğan nur bis Sarajevo. Im dortigen Olympiastadion jubelten ihm auch tausende österreichische und deutsche Anhänger zu. Unser Reporter Benedikt Morak war dabei und hat seine Eindrücke sowohl in einem Bericht geschildert als auch in einer „Im Kontext“-Reportage verarbeitet.

In vielen Gesprächen kristallisiert sich ein wesentliches Motiv für die Unterstützung heraus, die Erdoğan auch und gerade unter den Auslandstürken genießt: Er gibt ihnen kollektiv das Selbstbewusstsein zurück, das viele von ihnen in einer individuellen Geschichte des Zurückbleibens und Scheiterns verloren haben.

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Diese individuellen Geschichten werden aber unabhängig vom Ausgang der Wahlen in der Türkei weitergeschrieben, und zwar in Österreich. Alle relevanten Daten in Bezug auf Bildung und Arbeitsmarkt zeigen, dass die Mitglieder der türkischsprachigen Community besonders schlecht abschneiden . Nicht nur im Vergleich zu den Österreichern, sondern auch im Vergleich zu anderen großen Einwanderergruppen, zum Beispiel aus den Balkanländern. Türkische Jugendliche fallen besonders früh aus dem Bildungssystem, türkische Erwachsene sind besonders oft arbeitslos, türkische Frauen gehen besonders selten einer Erwerbsarbeit nach.

Trost suchen viele der Zurückgebliebenen in der Religion, und hier schließt sich der Kreis: Die türkischen Vereine und die starken Familientraditionen begünstigen Abschottung und Nichtintegration. Das Resümee, das man aus den vorhandenen Daten ziehen muss, deckt sich mit den Warnungen, die Susanne Wiesinger, Lehrerin und langjährige SPÖ-Personalvertreterin in Wien-Favoriten aus ihrer Erfahrung in Brennpunktschulen formuliert: Wenn es nicht gelingt, die Kinder im Pflichtschulalter aus dem Einflussbereich von Religion und enger Familienstruktur ein Stück herauszulösen, droht Österreich eine ganze Generation junger Türken zu verlieren. 

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Das Addendum-Team, September 2020