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Warum viele Morde übersehen werden
Wir sind bei unseren Recherchen auf eine Vielzahl von Fällen gestoßen, die nur durch Zufall oder beharrliche Angehörige aufgeklärt wurden; und auch auf einige, bei denen es zumindest Verdachtsmomente gibt, dass ein Tötungsdelikt und kein natürlicher Tod vorliegt. Es sind zu viele, um nur Einzelfälle zu sein. Drei dieser unentdeckten Morde haben wir uns genauer angesehen.
Das Projekt Unentdeckte Morde ist eine 4-teilige Recherche.

Wenige Morde, hohe Aufklärungsquote: 2015 hatte Österreich die niedrigste Mordrate in der ganzen EU, 2015 betrug die Aufklärungsquote bei Morden hundert Prozent. Aber hinter dem schönen Schein versteckt sich ein Dunkelfeld an nicht oder beinahe nicht erkannten Tötungsdelikten, das immer größer werden dürfte.

Wir sind bei unseren Recherchen auf eine Vielzahl von Fällen gestoßen, die nur durch Zufall oder beharrliche Angehörige aufgeklärt wurden; und auch auf einige, bei denen es zumindest Verdachtsmomente gibt, dass ein Tötungsdelikt und kein natürlicher Tod vorliegt. Es sind zu viele, um nur Einzelfälle zu sein.

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Drei dieser Fälle haben wir uns genauer angesehen: In Voitsberg in der Steiermark starb im Vorjahr ein pflegebedürftiger 82-jähriger Mann in seinem Bett. Der Totenbeschauarzt stellte einen natürlichen Tod fest, erst kurz vor der Einäscherung des Mannes stellte sich das als falsch heraus. Dem Sohn des Verstorbenen steht im Herbst ein Prozess wegen Mordes bevor.

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Ebenfalls in der Steiermark soll sich 2014 ein Mann an seinem Küchentisch erschossen haben. Er konnte seine Hände kaum mehr bewegen, auch Schmauchspuren wurden an den Händen nicht gefunden. Es dauerte fünf Jahre, bis die Tochter des Verstorbenen eine Wiederaufnahme des Verfahrens erreichte; seit Februar wird wegen Mordes ermittelt. Der Mann, dem die Waffe gehört, wurde von den ermittelnden Behörden nie als Verdächtiger geführt – er ist der Bruder eines bekannten ÖVP-Politikers.

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Der Sohn des Verstorbenen trug vor Gericht ein Shirt mit der Aufschrift „Ich bin Kain Mörder“.
Bild: Kleine Zeitung GmbH & Co KG | Jürgen Fuchs
Die Tatwaffe, die für den vermeintlichen Selbstmord verwendet wurde.
Bild: Privat

Und im Tiroler Außerfern verschwand 2005 ein deutscher Saisonarbeiter spurlos. Als er ein halbes Jahr später tot aufgefunden wurde, stellte die Polizei eine absurde These auf: Der junge Mann sei mit einer Matratze unter dem Arm betrunken und in Unterwäsche zweieinhalb Kilometer durch den Schnee gelaufen und habe sich unter einer Brücke schlafen gelegt, wo er erfroren sei.

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Hinter diesen Fällen stehen tiefgehende strukturelle Missstände, die es Mördern zunehmend leichter machen, unbemerkt zu bleiben: Die Obduktionsraten in Österreich galten international als vorbildhaft, mittlerweile sind sie deutlich unter den EU-Schnitt gefallen. Die einst hochgelobte Wiener Gerichtsmedizin ist nicht einmal mehr ein Schatten ihrer selbst, und die Totenbeschau ist schlecht bezahlt und zumindest in einigen Fällen genauso schlecht gemacht.

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Jene Todesfälle, bei denen Menschen begraben werden, deren Todesursache nicht festgestellt wird, ist seit den Siebzigern – trotz des medizinischen Fortschritts – stark angestiegen. Im Jahr 2017 waren es 322 Personen – von denen 122 nicht einmal obduziert wurden. Von 1.204 Suiziden in der Todesursachenstatistik wurden gerade einmal 175 obduziert – Suizide nicht obduzieren zu lassen, sei „verrückt und fahrlässig“, findet der Leiter der medizinischen Universität Wien, Markus Müller.

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Der vermisste Saisonarbeiter Raven Vollrath

Den perfekten Mord, sagt der deutsche Gerichtsmediziner Bernd Brinkmann, gibt es nicht. Aber, und das solle keine Ermunterung zum Morden sein: „Das jetzige System lässt sehr viele scheinbar perfekte Morde zu.“

Woran es hapert, und wer bei den Fällen, die wir recherchiert haben, versagt hat, das können Sie heute Abend bei ServusTV sehen oder in einem aufwendig gestalteten Multimedia-Feature erleben, in das wir viel Herzblut gesteckt haben. Hier bekommen Sie außerdem einen Einblick in „Totgeschwiegen“, dem neuen Buch von Thomas Trescher.  

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