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Spiel mir das Lied von der Wiener Geburtenbilanz
23. Mai 2018 Wohin Wien? Lesezeit 4 min
Ab 2004 wächst Wien erstmals seit den 1920er Jahren wieder durch Geburten. 2016 gab es so viele Geburten wie zuletzt im Jahr 1967. Historisch gesehen sind das keine großen Ausreißer, wie die Visualisierung und die Sonofizierung der Geburten- und Todesbilanz der Bundeshauptstadt zeigen.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Wohin Wien? und ist Teil 2 einer 3-teiligen Recherche.

Für die Interessierten

Die Darstellung von Daten durch Töne und Geräusche nennt sich Sonifizierung. Für unser Video wurde jedem Wert der Geburtenbilanz-Zeitreihe eine Note aus der C-Moll-Tonleiter zugewiesen. Je höher der Ton, desto größer der Wert in der Zeitreihe. Die Töne werden mit einem Tempo von 120 Viertelnoten pro Minute hintereinander abgespielt, jedes Jahr entspricht einem Ton. Zusätzlich ändert sich die Klangfarbe der Töne, abhängig vom Wachstum der Geburten und der Todesfälle.

Sonifizierung ist ein relativ neues Feld, in dem es noch kaum Regeln und Konventionen gibt. Prinzipiell verschwimmt hier oft die Grenze zwischen Kunst und Statistik. Vor allem, wenn vorweg Design-Entscheidungen getroffen werden, die das Ergebnis konsumierbar oder sogar wohlklingend machen sollen.

Streng genommen ist deshalb bereits die Zuweisung der C-Moll-Tonleiter eine Färbung der Daten. Wir haben uns aber im Sinne der Konsumierbarkeit dafür entschieden, noch weitere Wertungen bzw. Färbungen vorzunehmen, z.B. durch die eigens komponierte Hintergrundmusik.

Spiel mir das Lied von der Wiener Geburtenbilanz

Ab 2004 wächst Wien erstmals seit den 1920er Jahren wieder durch Geburten. Im Jahr 2016 gab es so viele Geburten wie zuletzt im Jahr 1967. Historisch gesehen sind das allerdings keine großen Ausreißer, wie unsere akustische Visualisierung der Geburten- und Todesbilanz der Bundeshauptstadt zeigt.

Der aktuelle Babyboom in Wien

Seit 2004 werden in Wien wieder mehr Kinder geboren, als Menschen sterben. Das ist einerseits auf die allgemein steigende Lebenserwartung zurückzuführen, andererseits aber auch auf die seit Anfang 2000 stark steigende Zahl der Geburten. Im Jahr 2016 wurden beispielsweise so viele Kinder geboren wie auf dem Höhepunkt des Babybooms der 1950er und 1960er Jahre. Davor war die Wiener Geburtenbilanz zum letzten Mal nach der Spanischen Grippe im Jahr 1918 positiv.

Ein Blick auf die historischen Daten zeigt, dass es mehrere Baby-Booms in der Geschichte Wiens gab. Die Geburtenbilanz, also die Differenz zwischen Geburten und Todesfällen, war jedoch bis jetzt nur im 19. Jahrhundert und am Anfang des 20. Jahrhunderts deutlich positiv.

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Pest

Im Jahr 1713 fand die letzte Wiener Pest-Epidemie statt. Nach Schätzungen der Stadt Wien gab es in diesem Jahr 15.840 Todesfälle, von denen der größte Teil auf die Pest zurückzuführen sein dürfte. Das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe ist schwer einzuordnen, da der damalige Bevölkerungsstand unbekannt ist. Im Jahr 1754, also 41 Jahre später, betrug die Einwohnerzahl Wiens 175.403 Personen. Wäre die Pest zu diesem späteren Zeitpunkt ausgebrochen, hätte sie rund 9 Prozent der Stadtbevölkerung getötet.

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Spanische Grippe

Die Spanische Grippe erreichte in Wien im Oktober 1918 ihren Höhepunkt. Sie hatte offiziell 4.519 Todesopfer zur Folge. Die Dunkelziffer dürfte allerdings etwa doppelt so hoch liegen, wenn man Sekundärinfekte und Lungenentzündungen als Folgeerkrankungen mitzählt.

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Paratyphusepidemie

Am Ende des Zweiten Weltkriegs brach in Wien eine Paratyphusepidemie aus, auf die viele der Todesfälle im Jahr 1945 zurückzuführen sein dürften. Die hohe Säuglingssterblichkeit, andere Infektionskrankheiten, die schlechte allgemeine Versorgungslage sowie gefallene und verschollene Soldaten dürften allerdings ebenfalls einen hohen Einfluss auf die Todeszahlen gehabt haben. In den Jahren 1945 und 1946 wurden mehr als 200.000 Wiener durch die Alliierten gegen Typhus geimpft.

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Antibabypille

Der Babyboom der 1950er und 1960er Jahre wurde durch die Einführung der Antibabypille gestoppt. Ab den 1970er Jahren nehmen immer mehr Frauen das im Jahr 1962 neu zugelassene Verhütungsmittel. Die Geburtenrate geht in der Folge deutlich zurück und steigt erst wieder ab Anfang der 1980er Jahre. 

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