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Wird Wohnen wirklich unbezahlbar?
Dass leistbares Wohnen zum knappen Gut geworden ist, gehört inzwischen zum unhinterfragten Grundbestand des politischen Diskurses. Ist das wirklich so? Vor allem: Ist es überall so? Und wenn ja, warum? Der "Gemeindebau" ist vor allem im "roten Wien" seit der Zwischenkriegszeit so etwas wie Teil der Identität der Stadt. Auch der genossenschaftliche Wohnbau darf sich als Teil des "sozialen Wohnbaus" auf Unterstützung durch den Staat verlassen.

Zeig mir, wie du wohnst, und ich sage dir, wer du bist: Der zum Klischee gewordene Spruch lässt sich auf fast alle Bereiche des täglichen Lebens anwenden, er macht auch vor der Literatur und dem Essen nicht halt, aber es gilt wohl für ihn das, was für so viele Klischees gilt: Er stimmt. Und zwar nicht nur in Bezug auf persönliche Geschmacksfragen wie die Veredelung von gemusterten Biedermeiersesseln durch kuschelige Schaffelle oder andere ästhetische Grausamkeiten, sondern ganz prinzipiell: Die Österreicher, das zeigt das Datenstück am Beginn unseres Projekts , sind eine Nation der Mieter, nur in zwei anderen Ländern Europas gibt es weniger Wohnungseigentümer als in Österreich.

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Das erklärt übrigens zu einem nicht unwesentlichen Teil die von Thomas Piketty und anderen Ökonomen problematisierten Vermögensungleichheiten, aber das ist eine andere Geschichte. Die Geschichte spielt jedenfalls, wie in so vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens in Österreich, auch in der Entwicklung der Wohnungsmärkte eine wichtige Rolle. Ein Teil der Preissteigerungen auf den Mietmärkten, vor allem in Wien, hat damit zu tun, dass es für Altmietverhältnisse – Stichwort „Friedenszins“ – so ausgeprägte Vergünstigungen gibt, dass die Vermietung von Altbauten in vielen Fällen kaum noch rentabel ist. Das erklärt einen kleinen Teil der Leerstände und einen größeren Teil der Mietpreissteigerungen im Bereich der Neubauten: Vermieter holen sich die nicht erzielbaren Renditen im Altbaubereich über höhere Mietpreise in Neubauten zurück.

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Um die Mieter nicht den Kräften des freien Mietmarkts zu überlassen, hat die öffentliche Hand in Österreich sehr früh eingegriffen. Der „Gemeindebau“ ist vor allem im „roten Wien“ seit der Zwischenkriegszeit so etwas wie Teil der Identität der Stadt. Auch der genossenschaftliche Wohnbau darf sich als Teil des „sozialen Wohnbaus“ auf Unterstützung durch den Staat verlassen. Die Frage, ob der staatliche Eingriff in die Wohnungsmärkte tatsächlich den gewünschten Effekt hat, wie sozial also der soziale Wohnbau wirklich ist, ist seit langem fixer Bestandteil heftiger politisch-ideologischer Auseinandersetzungen. Unser Rechercheteam hat versucht, Grundlagen für eine Antwort auf der Basis von verfügbaren Fakten zu erarbeiten, die politische Bewertung ist wie immer den Leserinnen und Lesern vorbehalten.

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Das gilt auch für einen zweiten Aspekt, der in den politischen Kontroversen eine bestimmende Rolle spielt: ob die relativ engen gesetzlichen Regeln , denen der Wohnungsmarkt im Bereich des Mietwesens unterliegt, leistbares Wohnen gewährleisten oder nicht doch eher verhindern. Denn dass leistbares Wohnen zum knappen Gut geworden ist, gehört inzwischen zum unhinterfragten Grundbestand des politischen Diskurses. Ist das wirklich so? Vor allem: Ist es überall so? Und wenn ja, warum?

Machen Sie sich selbst ein Bild.

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